Salonkultur - Der Literarische Salon - Berlin

Litrarische Salonkultur

Veranstaltungen 2004
Gelaufene Veranstaltung

Donnerstag, 09. September 2004 um 20.30 Uhr
im Klub im Podewil

Lesung

Matthias Penzel & Ambros Waibel lesen aus ihrem Buch "Cola-Hinterland - Jörg Fauser. Die Biografie" (Edition Tiamat 2004) ...

... und zeigen Ausschnitte aus einem TV-Interview mit Jörg Fauser

Am 16. Juli 2004 wäre Jörg Fauser, der als „deutscher Rebell“ gilt, sechzig Jahre alt geworden. In der Literatur nach 1945 ist er einer der bedeutendsten Autoren. „Keine Stipendien, keine Preise, keine Gelder der öffentlichen Hand, keine Jurys, keine Gremien, kein Mitglied eines Berufsverbandes, keine Akademie, keine Clique; verheiratet, aber sonst unabhängig.“ So beschreibt sich Jörg Fauser wenige Monate vor seinem Tod.

1944 im hessischen Schwalbach geboren, nahm Fauser Anfang der siebziger Jahre den Umweg des literarischen Undergrounds, als Künstler vom Establishment seiner Zeit ignoriert, floh er nach Istanbul. Ins Stadtviertel Tophane, wo Hippies, Freaks und Junkies aus aller Welt in billigen Hotels, Cafés und Opiumhöhlen den Mythos des Orients und die Grenzen ihres Bewusstseins erkunden. Doch von diesem Sehnsuchtstort bleibt bald nur die Sucht übrig. Mit bewundernswerter Selbstdisziplin gelang es ihm schließlich, sich von der Nadel wegzubringen und (mit dem Roman „Rohstoff“ in die literarische Öffentlichkeit zurückzuschreiben. Fausers Rohstoff war die Wirklichkeit. Er ging dahin, wo er das Leben vermutete. Die Existenz der Menschen in den Stehausschänken, Krebskliniken und Orten der Sucht („Tophane“, 1972) war für ihn genauso literaturfähig wie die von ihm porträtierten Politiker, Polizisten und Schriftsteller. Er brachte Namen ins Spiel, die Ende der siebziger Jahre hierzulande kaum bekannt waren und er hat die literarische Reportage in Deutschland weitergebracht. Wenn der Reporter Fauser in die Tasten griff, explodierten die Sätze zu funkensprühenden Bildern. Er schrieb Essays über Orwell, Fallada oder Chandler, interviewte Bukowski für den „Playboy“, schrieb eine Biografie über Marlon Brando. Viele seiner brillanten Texte hat er als Redakteur Anfang der 80er für das Berliner Stadtmagazin „TIP“ geschrieben.

Fauser glaubte, dass nur noch der Kriminalroman als Instrumentarium infrage kam, um die sozialen Zustände und Veränderungen innerhalb einer Gesellschaft überzeugend auszuloten. Das Resultat waren seine Kriminalromane „Der Schneemann“ (1981) - später mit Marius Müller-Westernhagen verfilmt - und „Schlangenmaul“ (1985). Er starb, wie er gelebt und geschrieben hatte: schnell und „on the road“. An seinem 43. Geburtstag lief er auf der A 94, Fahrrichtung München, einem LKW in die Spur.

Pressestimmen zum Buch:

"Rebell im Cola-Hinterland zeichnet Fausers Leben, Werk und Weg detailliert und kenntnisreich nach, vom lesebegeisterten und politisch engagierten Schüler über den literarisch experimentierenden Junkie und Dealer bis hin zum erfolgreichen Romacier und brillianten Reporter und Songtexter."

Hannoversche Allgemeine "Jetzt rollt eine längst überfällige Biografie das schnelle, kurze Leben des Jörg Fauser auf: detailversessen, kenntnisreich und erhellend - und dies nicht nur für ausgemachte Fauser-Fans."

TIP-Magazin "Den beiden Verfassern Matthias Penzel und Ambros Waibel gelingt es glänzend, Fausers Entwicklung als Autor wie als Mensch, sein literarisches Schaffen und seine Bedeutung für die deutsche Literatur der späten achtziger Jahre zu verbinden, ohne das vorgegebene Material zu verbiegen." DIE ZEIT


Ambros Waibel, geboren 1968 in München, studierte deutsche und italienische Literatur in München, Marburg und Venedig und schloss das Studium mit einer Monographie über Jakob Arjouni ab. Als Regisseur und Regieassistent an freien und staatlichen Bühnen, tätig für jungle world, kulturnews u.a. Drei Erzählbände: „Schichten“ (1999), „My private BRD“ (2002) und „Imperium Eins“ (2003).

Matthias Penzel, geboren 1966 in Mainz, studierte Philosophie, Germanistik und Soziologie in Köln. Er arbeitete zehn Jahre in London als Korrespondent und Chefredakteur diverser Zeitschriften. Seit 2000 lebt Matthias Penzel in Berlin und ist journalistisch tätig für Spiegel-Online, Wired, Financel Times Deutschland, über Literatur vornehmlich für Frankfurter Rundschau und Rolling Stone.
Der Literarische Salon Britta Gansebohm
im Klub im Podewil
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