Gelaufene Veranstaltung
Donnerstag, 16. September 2004 um 20.30 Uhr
in der Z-BAR
Lesung
Lutz Rathenow liest aus seinem neuen Buch „Fortsetzung folgt. Prosa zum Tage“ (Landpresse Verlag 2004)
In der DDR war Lutz Rathenow einer der bekanntesten Dissidenten. Immer wieder provozierte er den Staat zu Reaktionen. Dazu bediente er sich vielfältiger literarischer Formen. Inzwischen ist die DDR Vergangenheit und seine Texte reflektieren nicht mehr die Zustände einer „geschlossenen Gesellschaft“, sondern die Erscheinungsformen einer Konsum-, Medien-, und Eventgesellschaft.
Die Vielfalt von Satire, Glosse, Parabel, Kommentar, Kritik und Essay findet sich in dem neuen Buch „Fortsetzung folgt. Prosa zum Tage“. Versammelt sind darin 28 Texte, in denen er vergnüglich provozierende Betrachtungen anstellt.
Rathenow überzeugt als sachkundiger, kritischer Beobachter des deutschen Alltags. So begleitet der Erzähler einen Bekannten bei seiner Odyssee durch das „Arbeitslosenverwaltungsamt“ und durch den Sozialamtsdschungel. Es wird offenbar, was ein Leben ohne Arbeit bedeutet und auf welche Weise mit Paragraphen menschliche Schicksale verwaltet werden. In dem Text „Alles muss raus!“ wird der Aufschwung für Deutschland durch Ausverkauf auf die Spitze getrieben und zu Ende gedacht: Die Hanauer Plutoniumsfabrik geht für 50 Millionen nach China, überlagerte Lebensmittel, überschüssige Medikamente, Arbeitslose als Versuchspersonen für die Pharmaindustrie, asbesthaltige Gebäude... Der deutsche Staat braucht jeden Euro.
In einem anderen Text pointiert er die Probleme mit dem Zahnersatz im zusammenwachsenden Europa oder schildert eine Autorin experimenteller Prosa, die ihren Ruf als erfolglose Schriftstellerin dadurch wahrt, dass sie ihre Karriere als Autorin gut bezahlter Fernsehserien geheim hält.
„Jahre nach dem Mauerfall entdeckt eine neue Generation den Dichter Rathenow. In seinen skurrilen und alltagskritischen Texten findet sie sich und ihre Probleme wieder...Man weiß nicht, ob Rathenows Figuren unter DDR-Spätfolgen leiden oder den Frühschäden der Big-Brother-Mediengesellschaft.“ Leonore Brandt in dem Fernsehfilm „Trotzig lächeln. Der Schriftsteller Lutz Rathenow“
Bild: © Privat
Lutz Rathenow, geboren 1952 in Jena, lebte bis 1977 in seiner Heimatstadt, danach im Ostteil Berlins. Bekannt wurde er 1980 mit seinem Debütband „Mit dem Schlimmsten wurde schon gerechnet“, der nur im Westen publiziert werden konnte.