Gelaufene Veranstaltung
Mittwoch, 22. September 2010 um 20.00 Uhr
im BKA-Theater
Lesung mit Klaviermusik und anschl. Gespräch
Katharina Döbler liest aus ihrem Debütroman "Die Stille nach dem Gesang" (Verlag Galiani Berlin 2010) - Am Steinwayflügel: Marc Haussmann
Ein literarisches Debüt über eine Frau, die sich in den Schatten eines Mannes begibt und sich nach seinem Tod nicht wiederfindet.
Bild: © Verlag Galiani Berlin
Falk Margraf ist berühmt, er ist der rebellische Spross einer alten Bayreuther Großbürgerfamilie, der Wagner gegen die Rockmusik eingetauscht hat, vor allem aber hat er das Lied geschrieben, das das Lebensgefühl einer aufsässigen Generation traf und gleichzeitig prägte. Wen wundert es, dass die aus einfachen Verhältnissen stammende junge Sängerin Alex es Anfang der Achtziger für den Glücksfall ihres Lebens hielt, ihn getroffen und ihm offensichtlich ziemlich gut gefallen zu haben. Und wenn auch Falks machtbewusste Schwester Isolde, nach deren Seminar es zu dem Treffen kam, gerade ihren Elevinnen geraten hatte, lieber Intendantinnen zu werden statt Sängerinnen – Alex entschließt sich, den mühsamen Weg der eigenen Karriere gegen ein erheblich unanstrengenderes Leben mit Falk einzutauschen.
Siebzehn Jahre später ist sie klüger: Sieben Jahre ist Falk da schon tot und sie sitzt mit zwei unehelichen Kindern und einem handfesten Trauma vereinsamt und ohne wirkliches Ziel in Berlin, Isolde Margraf gibt ihr die Schuld an Falks Tod und schneidet sie, und nur die Mutter Falks, das erratische Oberhaupt des inzwischen stark dezimierten Margraf-Clans, hält noch den Kontakt zu ihr; schließlich ist Alex’ Tochter Wanda ihre einzige Enkelin.
Katharina Döbler gelingt in ihrem Debütroman Die Stille nach dem Gesang ein kleines Mirakel: Sie erzählt in einem raffiniert gebauten Roman nicht nur das Leben einer Frau, die sich in den Schatten eines Mannes begeben hat, aus dem sie nicht herausfindet, sondern zeichnet auch das Portrait einer ganzen Generation, die unangepasst und rebellisch startete, sich aber in unendlich vielen pragmatischen Kompromissen verlor, und vom Niedergang dessen, was einst unter dem Namen Bildungsbürgertum den kulturellen Ersatzadel Deutschlands darstellte.