Salonkultur - Der Literarische Salon - Berlin

Litrarische Salonkultur

Veranstaltungen 2009
Gelaufene Veranstaltung

Montag, 02. November 2009 um 20.00 Uhr
im BKA-Theater

Gespräch mit Hans A. Nikel, Gründer der Satirezeitschrift "pardon" (1962-1980)

Ein Leben in zwei Etappen: Der Publizist Hans A. Nikel und der Künstler Johannes Nikel


Bild: © Hans A. Nikel (pardon)
Gespräch mit Hans A. Nikel über sein seine Zeit als Autor, Verleger, Gründer der Satirezeitschrift PARDON sowie ZWEITAUSENDEINS und über sein "zweites Leben" als Künstler, Bildhauer und Maler.

1962 gründete Hans A. Nikel in Frankfurt Europas größte literarische Satirezeitschrift "pardon" und kommentierte seitdem das deutsche Wirtschaftswunder mit subversiven Humor. Die "pardon"-Aktionen sorgten regelmäßig für Aufregung und Prozesse in der Bundesrepublik. Die von Nikel mit initiierten neuen sozialen Bewegungen bahnten den Weg für Bürgerinitiativen und die Studentenbewegung.

1951 gründete Nikel, unterstützt von seinem SZ Kollegen Erich Bärmeier die Deutsche Verbrauchervereinigung. In direkter Folge dieser Initiative entstanden die ersten deutschen Verbraucherzentralen. 1966 übernahmen Nikel und Bärmeier die in Konkurs gegangene Verbraucherzeitschrift DM und das zugehörige Testinstitut.

1954 gründeten beide den Verlag Bärmeier & Nikel (B&N). Auf einem geliehenen Rotaprint-Vervielfältiger druckten sie die ersten Bücher. Nikel gewann prominente Autoren wie Erich Kästner, Alexander Mitscherlich oder Gerhard Zwerenz, die Vorworte für die vorzugsweise grafischen und satirischen Bücher schrieben.

1955 erfand Nikel die Kleinen Schmunzelbücher (sechs mal sieben Zentimeter), die mit wenig Kapitaleinsatz und auf der Rotaprint realisiert werden konnten. Sie wurden zu Hunderttausenden verkauft. Loriot war einer der Autoren.
Es folgten Werke noch kaum bekannter Autoren wie beispielsweise Robert Gernhardt sowie eine 33-bändige Jules-Verne-Ausgabe mit Neuübersetzungen durch bedeutende junge Autoren wie Wolf Wondratschek. Harry Rowohlt begann bei Bärmeier & Nikel seine Übersetzerkarriere. Der Verlag bestand bis 1971.

1955 war Nikel Mitinitiator der Organisation der Kriegsdienstverweigerung in der Bundesrepublik Deutschland.

1956 wurde auf der ersten eigenen Druckmaschine die Zeitschrift ZIVIL gedruckt. Beratungsstellen wurden eingerichtet. Schwierige, aber erfolgreiche Bemühungen folgen, den Zivildienst in eine absolut gleichberechtigte Position zum Wehrdienst zu bringen. Bertrand Russell und Jean Sibelius wurden Förderer.

1962 erschien das erste Heft von pardon, unterstützt von Erich Kästner, Loriot, Werner Finck, Hans Magnus Enzensberger u.a. Bis 1980 war Nikel Verleger, Herausgeber und Chefredakteur. pardon entwickelte sich zu einem Kultblatt der jüngeren Intelligenz in Deutschland, Österreich und der Schweiz und erreichte eine Auflage von 320.000 Exemplaren mit 1,5 Millionen regelmäßigen Lesern. Nikel initiierte berühmt gewordene pardon-Aktionen und holte Alice Schwarzer, Günter Wallraff, Gerhard Kromschröder, Robert Jungk ins Blatt.

1972 bekam er die Goldmedaille des Art Directors Club.
Nikel hat pardon bis Herbst 1980 als Herausgeber geleitet, dann verkauft und sein erstes Studium wieder aufgenommen. Er promovierte

1983 in Philosophie mit einer Arbeit über Meister Eckhart.
Nach der Promotion wurde Nikel als Künstler und Bildhauer tätig. Es entstanden über 120 Bronzeskulpturen und -plastiken.

1998 erschien "Kunst will erzählen". Der Band zeigt die wichtigsten Skulpturen und Metallgrafiken auf 160 Seiten, Texte bekannter Autoren und Nikels Arbeitsweise. Mit 107 Reproduktionen, Texte von Peter Härtling, Tschingis Aitmatow, Eva Demski, Walter Kempowski, Günter Kunert, Reiner Kunze, Peter Rühmkorf u.a., Nachwort von Rafik Schami.

2001 begründete Nikel den Ehrenpreis der Fairness-Stiftung, zu dessen Gründungskuratoren er zusammen mit Prof. Rupert Lay gehört. Bei dieser Stiftung setzt er sich - „in Zeiten zunehmenden persönlichen und gesellschaftlichen Mobbings“ - engagiert für humanen Umgang im Privaten und in der Arbeitswelt ein.

Hans A. Nikel lebt heute - zusammen mit seiner ebenfalls künstlerisch tätigen Frau - in Bad Homburg.

Über den Publizisten:
"Er nahm 18 Jahre lang als Herausgeber und Chefredakteur dieser größten europäischen literarisch-satirischen Zeitschrift Einfluss auf den Zeitgeist der Republik. Bei ihm schrieben nicht nur Hans Magnus Enzensberger, Erich Fromm, der Zukunftsforscher Robert Jungk oder Martin Walser und viele andere, es kamen Nikels Entdeckungen dazu wie Alice Schwarzer, Günter Wallraff, Robert Gernhardt oder F.K. Waechter."
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)

Über den Künstler:
"Nikel kann auf Moden und bloße Zeitgemäßheiten verzichten. Er überschreitet herkömmliche Sehweisen. Man darf ihn mit dem Herzen sehen. Es ist in Bronze geschriebene Lyrik." Rafik Schami
Downloads zum Thema
pardon Titel ”Wir machen weiter!” (jpg 41.85 KB)
pardon Titlel ”Die Pille enthemmt...” (jpg 45.59 KB)
 Hans A. Nikel
Bild: © Hans A. Nikel
Hans A. Nikel eigentlich Johannes Nikel wurde am 23. Februar 1930 in Bielitz geboren. Bereits mit 13 Jahren war Nikel als Zeitschriftengründer tätig. Er gab die einzige nicht-lizenzierte Schülerzeitung "Edelweiß" im Dritten Reich heraus, indem er sie über den Postversand verbreitete, den die Schulleitung nicht kontrollierte. Mit noch nicht 15 Jahren, in der Endphase des Krieges, wurde er zum Einsatz bei den Nachrichtentruppen in die Slowakei (Polhora) abkommandiert.

Nach einer journalistischen Ausbildung bei der Süddeutschen Zeitung war er ab 1949 Redakteur für Politik bzw. Kultur bei der Frankfurter Rundschau. Früh-, Spät- und Nachtarbeit als Redakteur ermöglichten es ihm, Volkswirtschaft und insgesamt neun Semester bei Horkheimer und Adorno Soziologie und Philosophie zu studieren, an deren Institut für Sozialforschung er Assistent war. Außerdem war er freier Mitarbeiter bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und dem Hessischen Rundfunk.
www.nikel-art.de
Moderation: Britta Gansebohm
Der Literarische Salon Britta Gansebohm
im BKA-Theater
Mehringdamm 34, Berlin-Kreuzberg (UBhf.: Mehringdamm), 10961 Berlin
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